Kauder sieht Bahnlärmproblem als lösbar an
Der Ort der Debatte unter freiem Himmel, den CDU-MdB Erwin Rüddel eingefädelt hatte, suchten die Bahnlärmgegner im romantischen Weinort mit Bedacht aus: Wo sich Oelbergstraße und Gartenstraße treffen, liegt die Bahntrasse derart nah an der Wohnbebauung, dass dort laut Bahn keine Lärmschutzwand möglich ist (die RZ berichtete). Im verwaisten Geschäft an der Ecke sind schon lange keine Lebensmittel und Getränke zu bekommen, wie das Schild über dem Eingang noch suggeriert.
„700 Züge fahren innerhalb von 24 Stunden durch unser wunderschönes Weltkulturerbe Rheintal“, berichtet Gerd Kirchhoff, Sprecher der Initiativengemeinschaft BIN gegen Bahnlärm, dem Gast aus Berlin. Der Chef der Unionsfraktion, der seit 2005 an der Spitze von CDU und CSU im Deutschen Bundestag steht, scheint froh, nicht mit Trillerpfeifen oder Sprechchören aufgebrachter Wutbürger begrüßt zu werden. „Wir sind nicht gegen die Bahn. Wir werden eine moderne Bahn brauchen, aber wir brauchen eine leise Bahn“, sagt Kirchhoff. Der zunehmende Krach von der Schiene – insbesondere durch mehr Bahnverkehr – leiste einen großen Beitrag, dass der Tourismus im Rheintal immer mehr den Bach runtergehe. „Viele sagen uns: Toll ist es hier, aber schlafen wollen wir wegen der Züge woanders.“
„Die Züge müssen leiser werden, wie die Flugzeuge leiser werden müssen“, antwortet Kauder. Dann möchte er Zahlen hören, schließlich will er wissen, welche Summen vonnöten sind, das für ihn verständliche Problem zu lösen. Doch die Lärmschutzaktivisten sind gut vorbereitet: „Rund 180 000 Güterzüge müssten umgerüstet werden, was nach Ansicht von Experten rund 400 Millionen Euro kosten würde“, sagt Kirchhoff. Kauder beginnt mit dem Kopfrechnen.
„Ich werde nächste Woche Bahnchef Rüdiger Grube treffen“, berichtet der CDU-Mann. Mit ihm werde er erörtern, ob die technisch aufwendige Umrüstung tatsächlich, wie von Grube jüngst angekündigt, in acht Jahren möglich ist. Was Kauder dann sagt, lässt die Mienen der Zuhörer erstrahlen: „400 Millionen Euro sind im Bundeshaushalt über einen Zeitraum von vier Jahren machbar – das sind 100 Millionen im Jahr“, rechnet der gelernte Jurist vor. Und wenn nicht in vier Jahren, dann „in absehbarer Zeit“. Was das konkret bedeuten solle, fragten die Aktivisten nach. „So, dass wir es noch erleben“, meint Kauder so gelassen unkonkret, als spreche Angela Merkel persönlich.